Eurythmie-eine Bewegungskunst
Die Eurythmie entstand Anfang des vergangenen Jahrhunderts durch Rudolf Steiner - in einer Zeit der allgemeinen Aufbruchsstimmung innerhalb der Tanzszene. Er nannte sie "Sichtbare Sprache" und "Sichtbaren Gesang". Was verstand er darunter?
Das Aufnehmen von Sprache oder Klang ist nicht allein ein auditiver Vorgang. In Wahrheit treten alle Ebenen des Menschen durch das Aussenden oder Empfangen eines Klanges in Vibration, die den ganzen Körper ergreift und damit eine erste Bewegung anbahnt. Diese innere Dynamik steht sozusagen latent an und mündet in einen Gestus, den die Eurythmie weiter ausgestaltet und durch den Einsatz der Hände und Arme und des ganzen Körpers dem Raum überträgt.
Die melodiösen Vokale, oder die Konsonanten, von weichen, fließenden, bis hin zu zischenden, wirbelnden Kaskaden - alle Laute finden durch die eurythmischen Gebärden ihren unverwechselbaren spezifischen Ausdruck! Form und Inhalt eines Textes erstehen als flüchtig- plastische Formen im Raum.
So wie für die Sprache, so auch für die Musik: Takt , Rhythmus, steigender oder fallender Melos, Dur und Moll , konsonante und dissonante Akkorde, die Intervalle und auch die Stille finden ihre entsprechende Gestaltung.-
Bei all dem zielt die Eurythmie nicht auf eine Illustration des Gehörten, vielmehr sucht sie das in Erscheinung zu bringen, was zwischen den Lauten als Wortgestalt, was zwischen den Tönen,als musikalischer Gestus liegt. Insofern wird sie das Wort, den Klang seelisch voraus greifen und Text, Gedicht oder Musik existenziell erfahren und dadurch schöpferisch tätig werden.
In einer nie enden wollenden Alchemie der Polaritäten von Raum und Zeit wird der menschliche Körper in der Eurythmie zum beseelten Instrument und die Seele fragend: Was "bewegte" den Komponisten, was den Dichter, was spricht sich durch ihr Werk aus?
Die Eurythmie kennt nicht die strenge und akrobatische Formensprache des Balletts. Daher ist sie auch Laien und älteren Menschen zugänglich. Neben seelischer und körperlicher Beweglichkeit wird eine gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit und Durchlässigkeit ausgebildet.